Gregor Schöllgen – Historiker

Brandgefährlich

02.02.2022 
Es brennt. An allen Ecken und Enden der Welt. Ganz auf den brisanten Ukrainekonflikt konzentriert, übersehen oder ignorieren wir, was derzeit in anderen Weltgegenden passiert und unsere Sicherheit zumindest mittelbar tangiert.

Zum Beispiel die Vorgänge in der sogenannten Sahelzone, die sich vom westafrikanischen Guinea bis zum Sudan im Osten erstreckt. Dass dort über den krisengeschüttelten Sudan eine direkte Brücke zum Großkonflikt am Horn von Afrika besteht, über den an dieser Stelle wiederholt berichtet wurde, macht die Gesamtlage noch besorgniserregender, als sie ohnedies schon ist.

Auffallend ist zum einen die ungewöhnlich hohe Zahl der Militärputsche in der Sahelzone. 2021 waren es, je nach Zählung, wohl mindestens sieben. Bemerkenswert ist zudem, dass die Putschisten in vielen Fällen von Teilen der Bevölkerung unterstützt werden – soweit man das aus der Ferne beurteilen kann.

Aufschlussreich ist der Werdegang dieser Garde zumeist jüngerer Offiziere. Nicht wenige von ihnen wurden in Europa, zumeist in Frankreich ausgebildet. Das ist insofern kein Zufall, als fast alle Länder des jetzt sogenannten Putsch-Gürtels westlich des Sudan einmal zum französischen Kolonialreich gehört haben. Das Thema interessiert mich seit den achtziger Jahren. Was es mit dem französischen Kolonialreich auf sich hatte, kann man in einem Handbuch nachlesen, das 1986 erstmals erschienen ist.

In vielen Fällen wurden die Franzosen vor einigen Jahren wieder gerufen, um die nationalen Armeen im Kampf insbesondere gegen den islamistischen Terror zu unterstützen. So gut wie überall ist Frankreich auch deshalb gescheitert, weil die meisten europäischen Partner, auch Deutschland, eine direkte militärische Unterstützung der Antiterroreinsätze ablehnten. Ob die Ausbildungsmissionen von UN oder EU, an der auch die Bundeswehr mit über tausend Soldaten in Mali beteiligt ist, unter dem Strich ein Erfolg sein werden, ist wenig wahrscheinlich.

Sicher ist, dass Europa in vielen Staaten des Gürtels der Stuhl vor die Tür gesetzt wird. In Mali wurden gerade der französische Botschafter und eine dänische Einsatztruppe des Landes verwiesen und – nicht nur dort – russischen Söldnern das Tor geöffnet.

Und das alles in einer Weltgegend, deren weitere Entwicklung für Europa in mehrfacher Hinsicht bedeutsam sein wird. Warum das so ist und wie es dahin kommen konnte, habe ich in meinem Buch Krieg. Hundert Jahre Weltgeschichte. dargestellt und analysiert.